Oberpleis Zeitreise: Baugeschichte

Eine Kirche von Hand gemacht: ein Bericht von Horst Hennemann

Am dritten Advent, dem 11. Dezember 1949, wurde die Evangelische Kirche Oberpleis festlich eingeweiht – nach nur knapp 4 Monaten Bauzeit (1. Spatenstich am 27.07.1949, Grundsteinlegung am 14.10.1949). Heute kann die Gemeinde dankbar zurückblicken auf eine Leistung, die Bestand hat. In der Festschrift zum 50jährigen Bestehen unserer Kirche drückte es Pfarrer Schmitz so aus: „Wir wollen nichts festschreiben, wir wollen weiterschreiben. Unsere Kirche ist durch die Menschen gewachsen, die in ihr ein Zuhause gefunden haben.“ Das Zuhause-Finden war der Grund für den Bau dieses Gotteshauses in Oberpleis. Denn fast alle evangelischen Christen in Oberpleis waren Flüchtlinge.

Zur Erinnerung: Durch den Zustrom von Flüchtlingen und Vertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg war die Zahl der evangelischen Christen in Oberpleis von 150 vor 1939 auf 1000 in 1947 gestiegen und wuchs weiter durch neue Arbeitsplätze im Großraum Bonn.

Als mit Grundstückskauf und Grundsteinlegung begonnen werden konnte, schrieb man mit 1949 das Jahr der Gründung der Bundesrepublik und das erste Jahr nach der Währungsreform mit der Umrechnung der Sparguthaben von 10 RM in 1 DM. In vielen Familien war das Geld für den Lebensunterhalt knapp. Trotzdem hieß es für die Gemeindeglieder „der ersten Stunde des Kirchbaus“ zupacken, am Bau mitzuarbeiten. Die Gemeindeglieder selbst wirkten tatkräftig mit, und dadurch können wir heute hier zur Kirche gehen. Denn Voraussetzung für die Finanzierung des Kirchbaus war die Fertigstellung des Fundaments und des Kellergeschosses aus Mitteln der Kirchengemeinde zusammen mit der Unterstützung aus dem Fonds für Jugendfürsorge der Flüchtlinge des Landeskulturministers.

Das Flüchtlings-Dioaspora-Gemeindezentrum, eine von Professor Dr. Otto Bartning entwickelte Notkirche vom Typ D konnte somit gebaut werden. Diese von Bartning entwickelte Konstruktion hatte bahnbrechende Vorteile: Das Gebäude konnte nach der Bauanleitung von den Gemeindegliedern selbst aufgebaut werden, die raffinierte Konstruktion garantierte auf preiswerteste Weise enorme Stabilität, und nicht zuletzt ließen sich trotz des Fertigbausystems sehr unterschiedliche Bautypen damit verwirklichen.

Der Bautyp unserer Kirche war ein Mehrzweckraum, was man auch heute noch erkennen und nutzen kann. Damals diente der Raum sowohl für Gottesdienste als auch für Zusammenkünfte der Gemeinde und ihrer Gruppen und auch für viele praktische Zwecke, musste der Bau doch zugleich auch als Gemeindehaus dienen. Der Altar konnte während dieser Nutzung mit den Flügeltüren geschlossen werden.

Nach Fertigstellung der Kirche, die damals weit außerhalb von Oberpleis auf dem Feld lag, wurde am dritten Advent 1949 das Kirchweihfest begangen. Der Festgottesdienst fand morgens in der evangelischen Kirche in Oberkassel statt, zu deren Gemeinde Oberpleis (bis 1982) gehörte. Der Nachmittag begann mit einer letzten Andacht im Kinosaal von Oberpleis, in dem bis dahin die Gottesdienste des „Seelsorgebezirks Oberpleis“ gehalten werden mussten. Danach gingen die Festteilnehmer in einem langen Zug zur neuen Kirche an der Ittenbacher Straße, wo der Kirchenbaumeister Professor Bartning feierlich die Schlüssel dem Präses der Rheinischen Landeskirche übergab. Dem Festakt folgten viele Ansprachen und Glückwünsche kirchlicher und staatlicher Vertreter.

Dank des umsichtigen Vorgehens des Presbyteriums mit Pflege- und Instandhaltungsarbeiten, auch durch Eigenleistung von Gemeindegliedern, wurde unsere Kirche 1985 in die Liste der schützenswerten Bauwerke aufgenommen. Seitdem steht unsere Kirche unter Denkmalschutz.

Wir haben ein Denkmal als Mittelpunkt unserer Gemeinde – ein Grund, beim Gang in die Kirche auch mal innezuhalten, um an ihre Geschichte, ihre Geschicke und ihre Zukunft zu denken.

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